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GRUNDSTÜCKE IN GESELLSCHAFTSBESITZ

Im Jubiläumsjahr [1990] besitzt die Bayerische Botanische Gesellschaft vier Grundstücke:

Im Jubiläumsjahr [1990] besitzt die Bayerische Botanische Gesellschaft vier Grundstücke:
 

  1. Garchinger Heide, eines der ältesten Schutzgebiete Bayerns, Fläche von derzeit 25,6 ha; BR2-Radiosendung über die Garchinger Heide vom 15.09.2017 
     

  2. Lochhauser Sandberg im Gemeindegebiet von Gröbenzell (seit 1943), Fläche von derzeit knapp 4.000 m²
     

  3. Kissinger Bahngruben bei Augsburg (seit 1974), Fläche von rund 0,7 ha
     

  4. Schaiffelewiese am Westufer des Staffelsees (seit 1960), Fläche von 1,2 ha
     

Entsprechend einem Entschluss der Mitgliederversammlung verzichtet die Gesellschaft darauf, weitere Gebiete zu erwerben - denn jedes Schutzgebiet erfordert Pflege und Betreuung. Falls irgend möglich, sollen die bestehenden Gebiete durch Zukauf abgerundet und vergrößert werden. Die Bayerische Botanische Gesellschaft, die nach ihrer Satzung ja noch andere - gleichrangige - Schwerpunkte hat, könnte durch Ankauf weiterer Gebiete leicht überfordert sein. Sie ist jedoch bereit, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten andere Vereinigungen beim Ankauf naturschutzwürdiger Flächen zu unterstützen, soweit deren Pflege gewährleistet ist. 

Es gibt ja heute genügend andere Organisationen, die sich ganz besonders der Pflege bedrohter Lebensräume annehmen, wie z.B. den Arbeitskreis Heimische Orchideen, den Landesbund für Vogelschutz, den Bund Naturschutz oder den Verein zum Schutz der Bergwelt, mit denen zusammenzuarbeiten für die Bayerische Botanische Gesellschaft Tradition ist.
 

Erhaltungskultur
 

In den letzten Jahren hat die Bayerische Botanische Gesellschaft - in dringenden Notfällen - Maßnahmen zur Erhaltungskultur akut vom Aussterben bedrohter Pflanzenarten Bayerns eingeleitet, was sich nur dank des stets guten Verhältnisses zum Botanischen Garten München bewerkstelligen ließ. Ziel dieser Maßnahmen ist es, mit Samenmaterial der in der Natur noch vorhandenen Restbestände oder letzten Einzelpflanzen Jungpflanzen heranzuziehen und diese möglichst bald wieder zur Kräftigung der Population auszubringen oder eventuell an früher vorhandenen Wuchsorten damit neue Populationen zu begründen. 

Auf diese Weise gelang es, den Bestand von Euphorbia villosa bei Hals - gerade noch rechtzeitig - vor dem völligen Erlöschen zu bewahren, ebenso den stark zusammengeschmolzenen Bestand des Augsburger Greiskrautes zu stärken (eine endemische Unterart von Tephroseris integrifolia, vormals Senecio). 

Es sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass solche Maßnahmen nur durch anerkannte botanische Institutionen unter wissenschaftlicher Kontrolle durchgeführt werden dürfen; dies ist kein Spielfeld für Hobbygärtner. 

Ebenso ausdrücklich muss betont werden, dass die sogenannte Erhaltungskultur wirklich nur die letzte aller Möglichkeiten darstellt und dass der Erhalt der Lebensräume absoluten Vorrang haben muss.


 

Zusammenarbeit mit anderen Vereinigungen
 

Früher wie auch heute noch ging die Initiative zum Schutz der Natur vor allem von Vereinen und Gesellschaften aus, die damals wie heute eng zusammenarbeiten (vgl. auch BRESINSKY 1986). Die Mitgliedschaft besonders aktiver Persönlichkeiten bei verschiedenen Vereinigungen war keine Ausnahme. 

Der Bamberger Apotheker Carl Schmolz, Mitglied der Bayerischen Botanischen Gesellschaft, erkannte schon frühzeitig die Notwendigkeit des Schutzes der alpinen Pflanzenwelt. Auf sein Drängen hin erfolgte 1900 die Gründung des Vereins zum Schutze und zur Pflege der Alpenpflanzen mit Sitz in Bamberg, heute unter dem Namen „Verein zum Schutz der Bergwelt“ mit Sitz in München weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt. Die Bayerische Botanische Gesellschaft und der Verein zum Schutz der Alpenpflanzen zusammen erwirkten in Bayern zahlreiche Pflanzenschutzbestimmungen und die Sicherung von Schutzgebieten. 1910 erfolgte auf Betreiben der Gesellschaften, besonders vertreten durch Prof. Dr. Karl Freiherr von Tubeuf, die Gründung des sogenannten Pflanzenschonbezirkes in den Berchtesgadener Alpen, aus dem in mehreren Schritten 1978 der heutige Nationalpark entstand. 1913 wurde unter Beteiligung von Mitgliedern der verschiedenen Gesellschaften und Vereine der Bund Naturschutz in Bayern gegründet, dessen erster Vorsitzender Prof. Dr. Karl von Tubeuf war, auch er Mitglied der Bayerischen Botanischen Gesellschaft. 

Die Bayerische Botanische Gesellschaft und der Verein zum Schutz der Alpenpflanzen förderten ganz besonders die weitere Durchforschung Bayerns in botanischer Hinsicht, die schon im vorigen Jahrhundert vom bayerischen Königshaus angeordnet worden war. Ein besonderes Anliegen war dabei die Erforschung des Schutzgebietes in den Berchtesgadener Alpen, über deren Ergebnisse immer wieder publiziert wurde. Der heutige Nationalpark Berchtesgaden bietet damit ein Beispiel für die Erforschung von Schutzgebieten, die bei den anderen Naturschutzgebieten in den bayerischen Alpen in dieser Form noch aussteht. 

Maßgeblich waren die beiden Vereinigungen auch an der Errichtung der Naturschutzgebiete im Karwendel (1924) und in den Ammergauer Alpen (1926) beteiligt. 

Die Bayerische Botanische Gesellschaft weiß sich zum Schutz der heimischen Flora aufgerufen, dem sie sich von Anfang ihres Bestehens an verpflichtet gefühlt hat. Sie hält das Bewusstsein wach, dass gerade in unserem schönen Land mit seinen harmonisch in die Landschaft eingefügten Kulturzeugnissen die Notwendigkeit zur Nutzung der Naturgüter nicht mit dem vermeintlichen Recht auf deren Verschwendung verwechselt werden darf. 

Die Bayerische Botanische Gesellschaft ist durch ihre nun schon über 100 Jahre fortlaufenden Studien am Bestand von Pflanzenarten und Vegetationseinheiten Bayerns in besonderer Weise dazu autorisiert, auf eine Entwicklung hinzuweisen, die seit den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts [19. Jhdt.] erschreckende Ausmaße angenommen hat. Diese Entwicklung wird vom rücksichts- und kompromisslos zu nennenden Nutzungsanspruch des Menschen gegenüber seiner Umwelt bestimmt, und sie hat zu einer weitgehenden Verwüstung von Lebensmöglichkeiten vieler Wildpflanzen geführt. Auch die heute zunehmend betonte Erholungsfunktion der Landschaft gefährdet die Naturschutzgebiete wie auch alle natürlichen oder naturnahen Vegetationsreste.

Neben der Tätigkeit im Naturschutz (die für ehrenamtliche Mitarbeiter nicht mehr zu steigern ist) liegt das Schwergewicht der Arbeit unserer Gesellschaft auch weiterhin auf Erforschung und Dokumentation der heimischen Vegetation, ihrer Veränderungen und ihrer Gefährdung, im Wissen darum, dass die wissenschaftliche Dokumentation der Veränderungen in der heimischen Flora die beste - weil unanfechtbare - Hilfestellung bei Naturschutzbestrebungen ist.

 

Geschichtlicher Überblick
 

Schon in einer Mitteilung vom 8. Februar 1891 beklagte die Vorstandschaft „die unvernünftige Verwüstung und Ausrottung der Flora, besonders in der Nähe größerer Städte, durch Marktweiber und Sonntagsausflügler“ und stellt die Notwendigkeit in Aussicht, „sehr bald dagegen anzugehen“. 

Die Frage des Pflanzenschutzes verschwand nicht mehr aus der Diskussion. „Aber erst im Jahre 1903, als Professor Dr. F. Vollmann 1. Vorsitzender war und in dem Mitglied Gottfried Eigner, Kgl. Polizeirat in München, einen eifrigen Verfechter dieser Sache fand, kam die Angelegenheit so richtig in Fluss“ (SCHINNERL 1940). So wurde den Mitgliedern ans Herz gelegt, alle ihnen bekannten Naturdenkmäler pflanzlicher Art, so z.B. Vegetationstypen (Heiden, Moore), seltene Pflanzen, interessante Bäume und Baumbestände und dergleichen mehr zu verzeichnen und der Vorstandschaft mitzuteilen, besonders aber solche, die in ihrem Fortbestand gefährdet waren - und das schon im Jahre 1903! 

Dass diese Tätigkeit der Gesellschaft nötig war, zeigen die Ausführungen SCHINNERLs (1940): „Auch der bayerische Staat ging anfangs dieses Jahrhunderts daran, den immer vordringlicher gewordenen Schutz wichtiger Naturdenkmäler und der durch die fortschreitende Kultur bedrohten Pflanzen gesetzlich zu regeln. Aber diese Regelung war wenig wirksam; denn die mit dem Vollzuge betrauten Stellen kannten die geschützten Pflanzen nicht, und Kultur und Handel verlangten den Vortritt. Kenner der Verhältnisse sahen das voraus und sahen den besten Naturschutz darin, bedrohte Pflanzenstandorte durch Erwerb des Eigentums dem Verkehr zu entziehen. Nach diesem Grundsatz verfuhr auch Professor Dr. Vollmann, der beste Kenner der bayerischen Flora.“ 

Schon seit 1905 erschienen in den „Mitteilungen“ der Gesellschaft unter dem Titel „Pflanzenschutz“ Aufsätze und Berichte über die von der Gesellschaft ergriffenen Maßnahmen und die Pflanzenschutzbestrebungen in Bayern überhaupt. 

Logische Fortsetzung dieser Bestrebungen war die Gründung eines Schutzgebietes in der Nähe der Landeshauptstadt. 1907 wurde von der Vorstandschaft auf die Bedeutung des noch erhaltenen Teils der Garchinger Haide hingewiesen und eine Geldsammlung angeregt. Die Spenderliste ist eindrucksvoll: Königin Marie Therese, Prinzessin Therese, der Landtag, der Landrat von Oberbayern, die Städte München und Freising, die Münchner Banken, andere Gesellschaften, Großindustrielle und Mitglieder. Durch diese vielseitige Unterstützung konnten in den Jahren 1908-1914 insgesamt 22,8 ha zum Preis von 14.760 Mark erworben werden. Damit dieses Schutzgebiet und etwa später noch zu erwerbende Gebiete für alle Zeiten gesichert seien, wurde bei der Änderung der Satzung im Jahre 1909 mit dem Ziel „Grundstücke zu erwerben, deren Pflanzenwelt aus Gründen des Naturschutzes oder der Florengeschichte erhalten bleiben soll“ der Zusatz aufgenommen: „Im Fall der Auflösung sind die im Eigentum der Gesellschaft befindlichen Naturschutzgebiete dem bayerischen Staat zum Zweck der Erhaltung im bisherigen Zustand zu übertragen.“ 

Die Garchinger Haide, früher auch Prinzregent-Luitpold-Heide genannt, für die aus finanziellen Gründen 1959 der letzte Zukauf getätigt werden konnte, ist heute das Juwel unter den in Gesellschaftsbesitz befindlichen Schutzgebieten. 

Wie gut würde sich die Angelegenheit heute darstellen, wenn die Absichten Vollmanns ganz in die Wirklichkeit hätten umgesetzt werden können, wofür wieder SCHINNERL (1940) zitiert sei: „... Dr. Vollmann versuchte zu retten, was zu retten war, und es wäre damals viel, sehr viel zu retten gewesen. Er wollte mehrere hundert Hektar als dauerndes Naturschutzgebiet in das Eigentum der Bayerischen Botanischen Gesellschaft bringen. Seiner unermüdlichen Werbearbeit gelang es, von Mitgliedern des Kgl. Hauses und durch Beiträge der Vereinsmitglieder, ... durch Verkauf von durch Künstlerhand entworfenen Siegelmarken und durch staatliche Zuschüsse, die er der Förderung der damaligen Prinzessin Ludwig und späteren Königin Therese verdankte, einen Vermögensstock zusammenzubringen. In der Zeit von 1908 bis 1914 erwarb er in der Gemeindeflur Eching einen zusammenhängenden Besitz von 22,81 ha um die Summe von 14.760,30 RM für die Bayerische Botanische Gesellschaft zu Eigentum. Aber der Ausbruch des Weltkrieges und das Ableben Vollmanns im Jahre 1917 brachte die Ausführung seiner idealen Pläne zum Stillstand.
Die politischen Wirren der Nachkriegszeit ließen an eine Wiederaufnahme nicht denken, und, was das Schlimmste war, der für diese Zwecke angesammelte Vermögensstock ging durch den Währungsverfall bis auf einen kläglichen Rest verloren.“ 

Glücklicherweise ist mittlerweile auch auf amtlicher Seite der überregionale Wert des Schutzgebietes anerkannt, und es sind Bestrebungen im Gange, die Garchinger Haide in ein Biotopverbundsystem einzubeziehen, die es wahrscheinlich werden lassen, dass dieses herrliche Gebiet auch noch im kommenden Jahrtausend [1990 geschrieben] bestehen wird. 

Seit ihren Anfängen ist die Gesellschaft mit Gutachten für den Naturschutz tätig, wobei schon seit Beginn immer betont wurde, dass es sich beim Pflanzenschutz nicht nur um den Erhalt bemerkenswerter Einzelerscheinungen handelt, sondern dass immer seltener werdende Vegetationstypen mit ursprünglicher Pflanzenwelt vor dem Untergang gerettet werden sollen. Der Schutz von Lebensräumen sollte Vorrang haben. 

Die Erfolge schon der ersten Zeit bis 1915 sind erstaunlich. Es muss einer eigenen Untersuchung vorbehalten bleiben, den langfristigen Erfolg aller damaligen Maßnahmen und die Einhaltung damals gegebener Zusicherungen zu überprüfen. Immerhin sind folgende Gebiete im wesentlichen auf Betreiben der Bayerischen Botanischen Gesellschaft unter Schutz gestellt worden:
 

  • Der Paterzeller Eibenwald, Moore des Böhmerwaldes (Arbersee-Moor, Moor bei Riedlhütte, am Spitzberg, am Lusen usw.), Höllbachgespreng am Großen Falkenstein, Waldbestände im Böhmerwald - alle 1912.
     

  • Bärensee bei Niederaschau (Cramer-Klett) 1913.
     

  • Brandenberger Moos bei Bernried (von Maffei, Dall'Armi 1914).
     

Zum Teil beruhen (oder beruhten?) diese Schutzgebiete auf Vereinbarungen der Bayerischen Botanischen Gesellschaft mit Privatpersonen. Später erreichte sie große Erfolge im Naturschutz in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen (vgl. unten).
 

Auszüge aus dem Artikel „Hundert Jahre Bayerische Botanische Gesellschaft“ von W. Lippert, Gröbenzell, veröffentlicht in: Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora, Band 61, Jubiläumsband zum 100-jährigen Bestehen der Gesellschaft, München 1990, S. 27 – 52.

 

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